5 Wochen für Bäume

Ansprache am 27. März beim Gottesdienst in Seeheim

Liebe Gemeinde, liebe Gäste, gemeinsam mit Vertretungen von neun Religionsgemeinschaften pflanzen wir heute Nachmittag in Seeheim eine Friedenslinde.
In der gegenwärtigen Situation denken wir dabei zuerst an die Ukraine. Mit der Pflanzung verbinden wir die Hoffnung auf ein Ende des Krieges. Die Friedenslinde in Seeheim ist ein Zeichen der Verbundenheit mit den Menschen in der Ukraine, die unter dem Krieg leiden. Gleichzeitig hat diese Friedenslinde noch eine andere Geschichte. Beim Abrahamischen Forum in Deutschland gibt es einen Arbeitskreis, dem neun Religionsgemeinschaften angehören. Dort wird beraten, was Religionen für die Erhaltung und Bewahrung der Natur tun können. Wir sorgen uns um die Gefährdung der Natur. Besonders dramatisch ist die Entwicklung beim Klimawandel und beim Verlust der Artenvielfalt.
Religionen setzen sich seit Jahrtausenden für die Erhaltung und Bewahrung der Natur ein. Beispielhaft ist die biblische Schöpfungsgeschichte, wo uns Menschen der Auftrag erteilt wird, die Natur zu erhalten und zu bewahren. Bereits am Anfang der Bibel wird von einer Klimakatastrophe erzählt. Bei der Sintflut sterben Menschen und Tiere. Nur Noah und seine Familie werden gerettet. Noah baut eine Arche, in der seine Familie und Tiere überleben. Die Erzählung von der Arche Noah gibt es in fünf Religionsgemeinschaften: Im Judentum, Christentum, Islam, Alevitentum und Bahaitum. Früher gab es eigene Feste, die an die Errettung von Tieren und Menschen erinnerten. Oft sind sie in Vergessenheit geraten. Angesichts der absehbaren Katastrophen ist es sinnvoll, wieder daran zu erinnern.
Als Menschen sind wir für die Natur verantwortlich und von ihr abhängig. An Bäumen wird das besonders deutlich: Sie sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere, bieten Nahrung und Schutz. Bäume sorgen für saubere Luft. Sie tragen zu einem funktionierenden Wasserkreislauf bei, binden Kohlendioxyd und spenden Sauerstoff. Außerdem tragen sie zu Gesundheit und Wohlbefinden bei. Kurzum: Ohne Bäume könnten wir nicht leben. Der Baum spielt in der biblischen Schöpfungsgeschichte eine wichtige Rolle. Im Judentum gibt es das Neujahrsfest der Bäume, genannt Tu BiSchwat. An diesem Tag werden Bäume gepflanzt und Menschen aus der Nachbarschaft zu einem Fest eingeladen. Daran knüpfen wir nun an. In Deutschland beginnen wir heute mit den „5 Wochen für Bäume“. In der Zeit vom 21. März, dem Internationalen Tag der Wälder und dem 25. April, dem UN-Tag des Baumes, regen neun Religionsgemeinschaften dazu an, Bäume zu pflanzen und Nachbarn aus verschiedenen Kulturen und Religionen dazu einzuladen. Der Start ist heute in Seeheim mit dem Pflanzen der Friedenslinde. Die Botschaft dieses Festes ist: Jede und jeder kann etwas fürs Klima und die biologische Vielfalt tun, für Pflanzen, Tiere und Menschen. Wir können Bäume und Sträucher pflanzen im Garten, im Wald und auf dem Balkon.
Damit erfüllen wir den biblischen Auftrag zur Erhaltung und Bewahrung der Natur. Und gleichzeitig sehen wir, dass Religionen zusammenwirken und zum Frieden beitragen können.

Jürgen Micksch