500 Jahre Evangelisches Gesangbuch

Foto: S. Drescher

Mit Martin Luther begann die Singbewegung der Reformation. Laute Instrumente mochte er nicht, selbst die Orgel „plärrte und schrie“ für ihn. Martin Luther zog ein sanftes vielstimmiges Saiteninstrument vor. Er liebte und spielte die Laute. Neue Lieder, um die ging es Martin Luther zentral. Er hat die Musik als Gesang reformiert und so das evangelische Kirchenlied erfunden. Martin Luther selber sang leidenschaftlich gern und gut. Sein Anspruch war hoch. Der Nürnberger Meistersinger Hans Sachs nannte ihn die „Wittenbergische Nachtigall“. Nicht nur diesen reformatorischen Vogel, auch ein Kirchenvolk erkennt man an seinen Liedern. Davon war Luther durchdrungen. Gemeindegesangbuch nannte er deshalb sein erstes geistliches Wittenberger Liederbuch von 1529. Bereits um die Jahreswende 1523/1524 erschien in Nürnberg der so genannte „Achtliederdruck“. Er gilt als erstes evangelisches Gesangbuch und enthielt vier Lieder von Martin Luther und drei Lieder seines Mitstreiters Paul Speratus. Einige dieser Lieder zählen bis heute zum Bestand evangelischer Kirchengesangbücher. Ebenfalls 1524 erschienen in Erfurt zwei „Enchiridien“ (griechisch für Handbüchlein), die jeweils 25 Lieder enthielten, und das „Chorgesangbuch“ des nachmaligen Torgauer Kantors Johann Walter.
Von diesen ersten Liederbüchern ist bis heute eine Ausgabe des nach seiner Druckerei benannten Erfurter „Ferber Faß Enchiridions“ erhalten. Sie wird in der Marktkirchen-Bibliothek zu Goslar verwahrt. Daher wurde die Sondermarke zu diesem Anlass kürzlich in Goslar vom Bundesministerium der Finanzen präsentiert.
Das Gemeindelied prägt evangelische Gottesdienste seit nunmehr über 500 Jahren. Der Anblick der zum Mitsingen aufgereihten Gesangbücher in Kirchen ist uns wohlvertraut und selbstverständlich.
Evangelische Gesangbücher erschienen seither regelmäßig, zunächst mit starker lokaler und konfessioneller Prägung. Bald bildete sich aber ein Kern an Liedern heraus, die weite Verbreitung fanden und dann in den jeweiligen Sammlungen um regional beliebte Texte und Melodien ergänzt wurden. Auch aktuell erarbeitet in der Evangelischen Kirche eine kirchenmusikalische und liturgische Expertenkommission eine erneuerte Ausgabe des Evangelischen Gesangbuchs. Das Gesangbuch ist nicht nur eine Sammlung von Liedern und Gesängen, anlass- und themenorientiert gegliedert. Es beinhaltet auch Psalmen und Gebete, die Zehn Gebote, den kleinen Katechismus, den liturgischen Kalender des Kirchenjahres sowie Kurzbiografien der Liederdichter und -komponisten. Kurz vor dem alphabetischen Verzeichnis der Lieder wird unter der Nummer 958 noch aufgeführt, welche Lieder zum ökumenischen (ö) Liedgut gehören oder sich auch im katholischen Gebet- und Gesangbuch Gotteslob wiederfinden. Zuletzt werden Lieder anderer Länder und Sprachen aufgeführt. Blättern und lesen Sie mal rein in das vielseitige Gesangbuch! Wussten Sie, dass z. B. „455 Morgenlicht leuchtet“ aus England stammt?

EKD & Hans Hrausek